Le soixante et onzième MDM
Das letzte Wochenende ist ohne Marathon vergangen. Sollten wir etwa bis zum Genusslauf-MDM am 29. April noch ein Wochenende im Leerlauf verbringen? Torsten hat Tatsachen geschaffen, das Leck ist geschlossen. Er hat sich in den Vogesen umgeschaut und eine interessante 43 Kilometer lange Runde mit +/-1650 Höhenmetern zusammengestellt.
Start: Am Samstag, den 21. April um 07:30 Uhr in Turckheim bei Colmar
 
Abfahrt in Freiburg um 06:20 Uhr, in Breisach um 07:00 Uhr
Verpflegung: 
Es gibt bis km 38 keine Verpflegungsmöglichkeiten, auch Wasser gibt es unterwegs nur begrenzt, eventuell im Zimmerbach bei km 30 einen Brunnen. 
 
VP 1: BOULANGERIE PATISSERIE LORANG in Trois Epis bei km 38
VP 2:  Cave de Turckheim bei km 43 (Zielverpflegung - siehe Bild...)
Résumé: Die Nacht ist wieder einmal sehr kurz. Meine  Todo-Listen verlängern sich ständig in diesen schlaflosen Nächten. Aber  da ist auch die Vorfreude auf einen sonnigen Sommer-Lauftag am  Frühlingsbeginn. Geplant ist eine schöne Runde im Elsass, die Mario und  Torsten erkundet haben. Die beiden sind ja Grenzgänger und öfter in den  Vogesen als im Schwarzwald unterwegs. 
Schon die Fahrt von  Freiburg nach Breisach verspricht einen stimmungsvollen Tag: Vor mir das  mittelalterliche Breisacher Münster hinter mir der miozäne Kaiserstuhl  mit der aufgehenden Sonne,  die in meiner Phantasie kurzzeitig den  Vulkanismus wiederbelebt. 
Wir treffen uns um 7 Uhr in Marios  Breisacher Domizil. Das MDM-Büro ist geöffnet, Kaffee und Spendengelder  fließen in Strömen. Kater Casimir beobachtet das Geschehen kritisch. Von  den Startnummern grüßt eine Mon Devoir Schülerin, fotografiert von  Birgit beim letzten Lomé-Marathon. 
Albrecht übernimmt den  Transport nach Turckheim, unserem Startpunkt unweit von Colmar am  Eingang zum Munstertal. Der Berg ruft, und die ersten Höhenmeter sammeln  wir gleich auf wilden Trails, die von der Dorfjugend wohl meist als  Downhill-Strecke genutzt werden. Die Schlafen zum Glück noch.  
Der  Naturpark Ballons des Vosges ist wildromantisch. Im Gegensatz zum  südlichen Schwarzwald sind hier die triassischen Buntsandsteinfolgen  noch erhalten. Sie verwittern zu dekorativen Blöcken, die dann zum Teil  moosüberwuchert den Wäldern diese mystische Stimmung verleihen.  Zeitweise bilden die Sandsteine auch Felswände. In diesem klassischen  Eisendioxid-Rot sind sie bei klarer Sicht selbst von meinem Schreibtisch  in Freiburg aus zu sehen. Natürlich werden die Marathonis auch wieder  mit den geologischen Zusammenhängen konfrontiert und müssen sich unter  anderem mit der Entstehung der Schrägschichtung auseinandersetzen. 
Wir  laufen im Wald parallel zur „Route des Cinq Châteaux“ und erobern dann  bei KM 6,5 schon die Ruine des Château du Hagueneck. Das kann heute  kompliziert werden: Auf meinem Garmin vermisse ich die  OpenStreetmap-Hintergrundkarte, die ich nur für Deutschland gespeichert  habe. Torsten, Albrecht und Mario sehen auf ihren Uhren ebenfalls nur  den Track. An Weggabelungen müssen wir oft zurück oder laufen auf der  Direttissima durchs Unterholz auf den geplanten Track zurück. Das  passiert heute regelmässig und mir tut Torsten dabei etwas leid: Läuft  er doch den gesamten Marathon in seinen offenen Trail-Hawaiianas. So  sehen die Füße dann nachher auch aus...
Eigentlich war es vorher  klar: Das Problem wird die heutige Wasserversorgung sein. Anfangs finden  wir noch Bäche und tragen einen gewissen Vorrat mit uns. Die  Wasserknappheit verschärft sich schon nach unserem Rucksack-VP auf dem  knapp 900 Meter hohen Le Stauffen. Hier laufen Mario und ich vorne weg,  der steile Trailabschnitt euphorisiert mit wunderschönen Ausblicken auf  den im Gipfelbereich noch verschneiten hohen Vogesenkamm. Dazu ein  toller Spruch von Mario als Reaktion auf mein Überholmanöver: „...Kannst  Du nicht einmal menschlich sein?“ Dabei wollte ich ihn nur von vorne  fotografieren. Auf dem Gipfel machen wir es uns gemütlich. Torstens  Ankunft wird bejubelt, es deutet sich gleichzeitig an, dass es heute für  ihn eine große Herausforderung werden wird. 
Das wird es dann  auch für jeden von uns. Denn der erneute Anstieg aus dem Munstertal nach  Trois Épis ist auch mental schwierig. Doch wir haben Glück: Wir treffen  vorher auf die zwei nettesten Bewohner von Zimmerbach und der Name ist  Programm: Wir werden am Gartenzaun mit kühlem Wasser in beliebiger Menge  versorgt und füllen unsere ausgetrockneten Behältnisse. Wir erzählen  von der Schule Mon Devoir und stellen Gemeinsamkeiten fest. Die beiden  unterstützen eine Schule in Indien. Albrecht und Torsten kühlen sich  noch die Köpfe im "Le Zimmerbach" bevor wir uns den letzten 400 Höhenmetern des Tages widmen.  Leider trennt sich jetzt das Feld der Läufer in Spitzengruppe und  Hauptfeld. Oben im Wallfahrtsort Trois Épis gönnt sich Albrecht eine  ansehnliche Tarte aux Myrtilles d’Alsace, eine Heidelbeer Tarte, die  selbst Norbert überzeugt hätte. Vorbei an eindrucksvollen Villen geht es  aus dem Ort dann wieder in den Wald. Auch hier haben wir  Schwierigkeiten mit der Navigation, weil einige der Wegabschnitte  unseres Tracks wie im Dornröschenschlaf erscheinen. Das bereitet mir  dann auch etwas Sorgen, denn ein vermeintlich morscher Ast im unwegsamen  Gelände federt elastisch in mein Gesicht zurück und hinterlässt  hässliche Kratzer und ein unscharfes Sehbild. Die linke Kontaktlinse  fehlt und das Auge schmerzt, was die Freude auf den letzten Kilometern  etwas dämpft. Doch die Stimmung ist bald wieder hergestellt, denn  Albrecht bestellt in der Cave de Turckheim zu Ehren seines 50. Marathons  ein Fläschchen Crémant d'Alsace Brut, einer dieser eleganten Elsässer  Crémants. Mario und Torsten gesellen sich dazu. Wir sind alle recht  froh, diese unterschätze Runde bewältigt zu haben und geniessen die  angemessene Zielverpflegung, die uns so passend auf das Müllheimer  Genusslauf-Wochenende einstimmt. 
Euer Christof
 

